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Beitrag vom 25.10.2011
Aloan - Pretty Freaks
Nina Breher
Eine Genfer Band wagt den Schritt hinaus aus den sicheren Gefilden des Heimatlandes und veröffentlicht ihr viertes Album auch in Deutschland. Tanzbar soulen und rocken sie sich durch die Jahrzehnte.
Als am 23. Oktober 2011 in der Schweiz gewählt wurde, haben die RechtspopulistInnen von der Schweizer Volkspartei (SVP) nach langer Erfolgsphase an Stimmen eingebüßt. Kurz vor diesen Wahlen erschien "Pretty Freaks", ein Longplayer einer aus der Romandie stammenden Band. Er lässt erahnen, dass die Schweiz in diesen Jahren mehr zu bieten hat als Moscheeverbote und ´Ausschaffungsinitiativen´. Denn obwohl das Alpenland abseits von einer starken Rechten, Skigebieten und geheimen Konten über eine lebhafte Kunst- und Musikszene verfügt, sind es diese Themen, die die Medienberichterstattung über die Schweiz in Deutschland prägen. Schön also, dass Aloan erstmals eines ihrer Alben auch auf den deutschen Markt bringen.
Gelassen kratzt sich die Stimme der Sängerin Lyn M. durch die dreizehn Songs, unterstützt von E-Gitarren, Synthesizern und Rap-Einlagen des Bandmitglieds MC Granite. Fühlen wir uns in einem Moment in vergangene Jahrzehnte entführt, so werden wir schon ein paar Takte später zurückgeholt. Die Gruppe vermischt neue Stilrichtungen mit Älteren, sie sucht das Moderne im Alten – und spürt gleichermaßen Elemente des Klassischen im Aktuellen auf.
Der Gesang von Lyn M. erweist sich als wandlungsfähig. Mal erinnert er an Amy Winehouse (wie zum Beispiel in "Beat of the Black Heart"), mal an Kim Gordon, Mitglied der Band Sonic Youth. Die Presse vergleicht Lyn M. gern mit Duffy, doch in "Pretty Freaks" beweist sie, dass mehr in ihr steckt als eine weitere Repräsentantin des zur Zeit populären Soul-Pops der Sechziger. Die Sängerin gibt vielen der Songs sogar ein düsteres Gesicht ("Into a Werewolf").
Anspieltipps: "Swinger", erste Singleauskopplung des Albums, versammelt alle Stilrichtungen, mit denen die Band spielt, in einem einzigen Lied und bringt unweigerlich Füße zum Wippen und Köpfe zum Nicken. In "Wanna be a Rocker" reflektieren Lyn M. und MC Granite im Duett die Unmöglichkeit, heute ein authentischer Rock´n´Roll-Star zu sein: "I think of breaking my guitar but it´s the only one I´ve got."
AVIVA-Tipp: Nach mehr als zwei Jahren sind Aloan zurück und schlagen neue Wege ein. Waren die Stücke der Alben "Better in Springtime" (2007), "We Play" (2005), und "Palmyr" (2002) geprägt von Trip-Hop und überwiegend elektronischer Natur, schraubt die Band um Gründer Alain Frey im Jahr 2011 die Regler hoch und gibt sich den Sixties und aktueller Popmusik hin. Spannend ist vor allem die Vermengung von tanzbarem Retro-Rock und Rap. Wer sich das nur schwer vorstellen kann, dem sei "Pretty Freaks" ans Herz gelegt, denn Aloan schaffen ohrwurmtaugliche Musik zwischen den Genres. ´Retro´, aber doch modern, poppig, elektronisch, tanzbar und vor allem Eines: erfrischend!
Aloan
Pretty Freaks
Label: Muve (Indigo), VÖ: 7. Oktober 2011
15,99 Euro
www.aloan.ch
Weiterhören auf AVIVA-Berlin:
Duffy – Rockferry
Le Tigre – This Island
Blonde Redhead – 23
Amy Winehouse – Back to Black